Blick über die Grenze: BBL-Coach Martin Schiller im Gespräch Obwohl die aktuelle BBL-Saison noch läuft, stehst du bereits als neuer Trainer kommende Saison fest. Ein Startvorteil? Martin Schiller: Es ist das Ziel, diese Extrazeit möglichst gut zu nutzen. Ich coache im Sommer das deutsche U20-Nationalteam, somit fallen sechs Wochen weg. Aber diese sechs Wochen gilt es jetzt wettzumachen und vor allem im Rekrutierungsprozess voranzukommen. Es gilt zu klären, wer die deutschen Spieler sind, die wir haben wollen, denn es gibt die Reglementierung, dass man sechs deutsche und sechs ausländische Spieler haben kann. Der Markt bei den Deutschen ist limitiert, also fängt man hier an, entscheidet, wer es wird, und schließt Verträge. Davon ausgehend füllt man die Ausländerpositionen. Da gilt es dann auch immer zu klären, wen man überhaupt halten kann. Vechta hat eine sehr gute Saison gespielt und wenn man eine sehr gute Saison spielt, ist es immer schwer, Spieler zu halten, weil man im Grunde mit dem Budget höher gehen muss. Das wird bei uns aber nicht der Fall sein. Was sind deine/eure Ziele für die Debütsaison? Grundsätzliche Ausrichtung des Klubs ist es, Spieler zu entwickeln. Ich finde es total attraktiv, dass der Klub Klarheit dahingehend hat, was er machen möchte: Das erste ist es, sich zu etablieren im Bereich Spielerentwicklung. Und zwar etablieren in Deutschland und auch in Europa. Wir haben einen sehr talentierten Spieler in Johann Grünloh, bei dem wir davon ausgehen, dass er in den nächsten zwei Jahren gedraftet wird. Wir haben eine außergewöhnliche Situation, wo wir eine ProA, also eine Zweitligasituation zusätzlich in Vechta haben. Das gibt es sonst in Deutschland kein weiteres Mal, dass ein Bundesligist einen Zweitligaverein als Farmteam hat. Damit ziehen wir Talent an. Das ist das eine Ziel, das zweite ist der Klassenerhalt. Vechta ist den letzten Jahren ein Fahrstuhlteam gewesen, das auf und absteigt. Auf Topleistungen ist immer wieder der Abstieg gefolgt. Davon wollen wir weg, wir wollen uns etablieren in der BBL. Das ergebnisorientierte Ziel ist somit der Klassenerhalt. Nach Stationen in der NBA G-League, der ersten spanischen und der litauischen Liga kennst du sowohl den US- als auch den europäischen Spitzenbasketball. Was sind die großen Unterschiede? Ein großer Unterschied ist, dass es im amerikanischen Profibasketball keine Relegation gibt. Es gibt ein Draft-System. Das heißt, auch wenn man da ungerne darüber spricht, dass Mannschaften absichtlich verlieren. Im Umkehrschluss gibt es auch nicht den Druck abzusteigen. Das verändert alles. Die Regeln, die Spielfeldgröße, die Spiellänge, die Auslegung der Regeln, die Athletik der Spieler, die individuelle Qualität der Spieler, das sind weitere Unterschiede. In Europa ist das Spiel physischer und vielleicht etwas taktischer und genauer. Das liegt aber auch daran, dass jedes Spiel wichtig ist, denn entweder du spielst um den Playoff-Einzug oder im Kampf um die Relegation. Das Geld ist natürlich auch ein großer Unterschied. 3x3 wird in Österreich immer größer – auch weil die heimischen Nationalteams Chancen auf Olympia haben. Wie stehst du als Fünf-gegen-Fünf-Coach zum 3x3? Ich finde es total interessant und schaue es auch gerne, weil es das ist, womit wir alle aufgewachsen sind – Eins-gegen-Eins, Zwei-gegen-Zwei, Drei-gegen-Drei auf einen Korb. Ich finde es auch verständlich, dass man da als kleine Basketballnation, vor allem jetzt, da es olympisch ist, versucht Fuß zu fassen. Ich finde das cool. Ich weiß, die USA nehmen es extrem ernst, in Deutschland gibt es einen hauptamtlichen Bundestrainer und in Litauen haben Profis in der Regular-Season-Games gefehlt, um beim 3x3 dabei zu sein. Natürlich ist das ernst, es ist olympisch! Und wenn ich die Chance habe, ein Olympionike zu werden, dann ist das eine tolle Chance. Und es ist auch total förderlich für unser Spiel, wenn so mehr Spieler zum Basketball kommen. Foto: © Wikimedia Commons/Auriuxas48