Meldung vom 30.06.2025
Je weniger nach einem Spiel über Schiedsrichter gesprochen wird, desto besser sollen sie gewesen sein – heißt es. Das ist in der Regel auch so, bestätigt Christoph Rohacky, Schiedsrichterreferent im Österreichischen Basketballverband. Der 39-Jährige spricht über die Leistungen seiner Crews in der abgelaufenen Saison, zieht dabei eine positive Bilanz und deckt die Potenziale der Zukunft auf.
„Das Service für die Vereine und die Leistung am Feld haben im Großen und Ganzen die gesetzten Standards erreicht“, berichtet der Wiener, der selbst fast 20 Jahre lang Spiele in den höchsten heimischen Spielklassen leitete. Das Schiedsrichterwesen sei kaum Gegenstand des öffentlichen Diskurses gewesen, meint Rohacky. „Vor allem in den entscheidenden Spielen, den ‚Showcase-Games‘ und in den Finali in Cup und Meisterschaft standen wir nicht im Mittelpunkt.“
Kommunikationsverhalten deutlich verbessert
Ein großer Schritt nach vorne sei seinen Kolleg*innen in der Kommunikation am Feld gelungen, meint Rohacky. Unnahbares oder gar überhebliches Auftreten seien nicht mehr vorhanden gewesen. „Natürlich gab es immer noch Einzelspiele, wo die Leistung in diesem Bereich nicht auf dem erwarteten Niveau war – aber insgesamt haben wir hier die größte Entwicklung genommen. Wir haben in der Vorbereitung und auch während der Saison sehr intensiv mit Psycholog*innen gearbeitet und dadurch eine offenere und respektvollere Kommunikation geschaffen. Aber auch die Trainer*innen und Spieler*innen haben hier hervorragend kooperiert, sind einen Schritt auf uns zugegangen – dadurch war der Umgang miteinander heuer deutlich professioneller und wertschätzender.“
Austausch mit Coaches wurde intensiviert
Seit letzter Saison (in der win2day Basketball Superliga schon seit drei Spielzeiten; Anm.) hat jeder Coach die Möglichkeit, nach einem Spiel für bis zu fünf Spielszenen eine Erklärung der geschehenen Regelauslegung anzufragen. Innerhalb von 72 Stunden folgt seitens Rohacky & Co eine fachliche Antwort. „Dieses Angebot wird sehr stark angenommen – und nicht nur von Teams, die ein Spiel verloren haben. Es geht hier vordergründig nicht um ein ‚fingerpointing‘ was die Referees falsch gemacht hätten, sondern eher darum, warum etwa ein Spieler mehrmals beim Verteidigen im Low-Post ein Foul bekommen hat – und wie der Trainer mit dem Spieler im Training arbeiten kann, um diese Situationen zu vermeiden.“ Pro Runde wurden etwa 20 Clips eingeschickt. In den Playoffs war die Anzahl rückläufig, da nach jeder Postseason-Stage mit den beteiligten Coaches ein offenes Kurzgespräch stattgefunden hat.
„Wir wollen von den Coaches lernen“
Ab der kommenden Saison sollen Coaches der höchsten heimischen Spielklassen und von außerhalb Österreichs regelmäßig als Vortragende an den verpflichtenden Aus- und Fortbildungsveranstaltungen der Bundesliga-Referees teilnehmen. „Wir arbeiten beim ‚rules management‘ – also jenen Dingen, die schwarz auf weiß in den Regeln und Interpretationen stehen – schon sehr hochprozentig, wir haben aber etwa im Bereich ‚next action areas‘, wo passiert etwas als nächstes, noch Potenzial. Hier geht es um ein noch besseres Verständnis von Spielstrategie und Taktik: Was will der Coach mit diesem Spielzug erreichen? Wann und warum kommt etwa ein Wechsel von Zonen- auf Man- Defense? Was bedeutet das für die Offense? Und vieles mehr“, zeigt der Wiener ein klares Ziel für die anstehende Spielzeit auf.
Damit wolle man auch der bestehenden Heterogenität der Gruppe, „wir haben viele Routiniers aber auch viele Schiedsrichter*innen, die erst seit ein, zwei Jahren auf nationalem Top-Niveau Spiele leiten“, entgegenwirken und die Range an Erfahrung, Basketball Know-how und Gefühl angleichen. „Durch ein besseres Lesen des Spiels sowie durch klare Guidelines und Vorgaben von FIBA und ÖBV, die transparent und gleichlautend an die Coaches und die Referees kommuniziert werden, soll die Konsistenz der (Nicht-)Pfiffe deutlich optimiert werden. Ähnliche Situationen müssen auf beiden Seiten in einem einzelnen Spiel und möglichst über die gesamte Saison hinweg gleich entschieden werden“, ortet Rohacky in diesem Segment am meisten „room for improvement“.
Von Quantität zu Qualität
Die Gruppe an ÖBV-Schiedsrichter*innen umfasste in der abgelaufenen Spielzeit 44 Personen, davon sechs Damen. Aufgrund von Verletzungen und einer Karenz waren schlussendlich nur 39 Referees verfügbar – etwas weniger als die Hälfte davon, deren 17, wurden aber aufgrund ihrer guten Leistungen während der Regular Season im Viertelfinale der win2day Basketball Superliga eingesetzt. 15 davon leiteten auch ein Semifinale und in den drei Finalspielen agierte kein Referee doppelt – mit Timo Axmann und Romana Rea Car gab es sogar zwei Finals-Debütant*innen. Car war die erste Frau, die eine Finalbegegnung in Österreich geleitet hat, gemeinsam mit Raphaela Reiner und Aurora Wörzner, die in der Semifinalserie zum Einsatz kamen, waren somit drei weibliche Referees in der Post-Season der Herren vertreten. „Wir haben uns zu Saisonbeginn das Ziel gesetzt, die Spitze breiter zu machen – und das ist uns gelungen. In den letzten Jahren war es oft so, dass immer die gleiche Gruppe von zehn bis zwölf
Schiedsrichter*innen konserviert und dann in den Entscheidungen angesetzt wurde. Diesmal haben wir den Pool bewusst vergrößert, um jüngere, engagierte und gut ausgebildete Referees an das nächste Level heranzuführen.“ Durch jahrelange Aufbauarbeit und die entsprechenden Einsatzmöglichkeiten und das Vertrauen in der heimischen Liga haben drei Referees aus Österreich heuer den Sprung in die FIBA geschafft. Neben Axmann und Reiner hat sich auch Milos Stokic beim FIBA Potential Referee Camp in Wien für den europäischen FIBA-Kader qualifiziert. Die drei Neuzugänge werden von 2025 bis 2027 gemeinsam mit den bisherigen FIBA-Refs Car, Silvia Jury und Aleksandar Radonjic Österreich international vertreten.
Schwieriger Spagat der Zukunft
Die Entwicklung bei der Qualität stimmt, aber bei der Quantität? „Wir haben schon bei der Planung vor der Saison die Herausforderung, alle Wunschspieltermine der Vereine bestmöglich ansetzen zu können“, hält Rohacky fest. Für die kommende Spielzeit soll es gelingen, den Referee-Kader um vier bis fünf neue Schiedsrichter*innen aus den Landesverbänden hochzuziehen. „Es reicht nicht aus, dass diese Personen für die drei Top-Ligen zur Verfügung stehen, sie müssen auch in den unteren Bewerben in den Landesverbänden aktiv sein – denn dort brauchen wir sie, damit sie den Nachwuchs ausbilden. Am Ende der Entwicklung soll der gesunde Leistungs- und Konkurrenzdruck so hoch sein, dass wir 25 plus Schiedsrichter*innen haben, die ein Halbfinale leiten können, damit wir eine Selektion treffen können.“
Eine weitere Herausforderung: „Aktuell haben wir einfach die personelle Tiefe nicht, um den Spielleiter*innen auch mal eine Pause zu geben – gar nicht als Bestrafung, sondern viel mehr, um sie, wenn nötig, aus dem ‚Spotlight‘ zu nehmen.“ Um die fehlende Quantität auszugleichen, setzt der ÖBV in Zukunft auf eine Kooperation mit der ACSL und vor allem auf niederschwellig zugängliche (weil größtenteils online durchgeführten) Ausbildungskurse für Interessent*innen aus ganz Österreich mit einheitlichen Standards. „Das Personal kann nur aus dem Breitensport kommen. Um dem erfreulichen Basketball-Boom in Österreich Rechnung tragen und vom Nachwuchs aufwärts alle Spiele adäquat besetzen zu können, müssen Vereine und Landesverbände ihren Beitrag leisten. Nur durch intensive Zusammenarbeit, gemeinsame Ausbildungs-Events, wertschätzenden Umgang mit Referees und Optimierung der finanziellen Konditionen muss das ‚Berufsbild Referee‘ attraktiver werden, um junge Basketballbegeisterte von der Basis für diese verantwortungsvolle Aufgabe motivieren zu können, so Rohacky.
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